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Das Loch von Kassel - Der vertikale Erdkilometer

Zur Entstehung des Films „Das Loch von Kassel“ 
documenta 6 * 24. Juni bis 2. Oktober 1977 Mitte der 1970er Jahre 
kamen die ersten tragbaren Videogeräte aus Japan, 
die zwar nur in schwarz-weiß aufnahmen, auch nach Europa 
und man konnte sie hier kaufen. 
Im Gegensatz zu den bis dahin 8mm-Film-Varianten, 
bei denen man die abgedrehte Filmrolle ins Entwicklungslabor einschicken musste und erst nach ein paar Wochen das entwickelte Material zurück bekam, 
war es jetzt möglich eine Filmszene aufzunehmen, 
diese im Anschluss zu sichten und sie ggf. auch gleich wieder zu löschen. 
Auch wurde parallel ein lippensynchroner Ton aufgezeichnet. 
Die Begeisterung bei den Nicht-Profi-Filmern war riesig. 
Da die Geräte sehr teuer waren, 
konnten sie damals hauptsächlich von Institutionen angeschafft werden. Beispielsweise von Landesfilmdiensten, Kommunalen Kinos, Künstlerkollektiven oder auch von Kinder- und Jugendhäusern. 
Da der Umgang und die Bedienung aber nicht so einfach waren, 
verbrachten viele dieser Geräte die meiste Zeit in abgeschlossenen Stahlschränken. In vielen Großstädten Europas entstanden sogenannte Videogruppen. 
Da der Erwerb für den Einzelnen kaum erschwinglich war, 
taten sich interessierte Medienmenschen zusammen 
um gemeinsam Geräte anzuschaffen. 
So entstand 1977 
auch in Frankfurt am Main im Stadtteil Bornheim eine solche Gruppe. 
Drei arbeitslose Sozialarbeiter 
haben sich zur Video Werkstatt Bornheim zusammengeschlossen. 
Anfangs sammelten sie lediglich Materialien zum Thema Video. 
Aus Geldmangel konnten sie ich zu Beginn auch keine eigenen Geräte leisten. 
So liehen sie sich gelegentlich Geräte von Institutionen aus. 
In diese Zeit fällt auch der Besuch der Gruppe bei der Documenta 6, 
zu der sie eigentlich nur gekommen waren, 
um sich über „Video in der Kunst“ zu informieren. 
Früh am Morgen, kurz nach Öffnung, 
stolperten wir gleich in der Nähe des Eingangs in ein kleines noch leeres Räumchen mit dem Schild: „International Free University“. 
Ein Mann mit einem Hut und einer Weste fegte mit einen Besen den Raum aus. 
In einer kleinen Nische lag auf einem Tisch 
eines der von uns so begehrten Videogeräte. 
Auf unsere Frage, ob man sich solches eventuell mal ausleihen könne, 
antwortete er, ohne sich vom Fegen abhalten zu lassen: 
„Dahinten in der Ecke liegt‘s, das könnt ihr nehmen!“ 
Ohne auch nur eine winzige Sicherheit hinterlegen zu müssen, 
spazierten wir aus dem Fridericianum 
mit Kamera, Recorder und Mikrofon wieder heraus. 
Jetzt war klar: „Video in der Kunst“ musste warten, 
nun wollten wir mit dem Gerät auch irgendetwas produzieren. 
Aber was? Und wie wir vor dem Fridericianum noch so dastehen, 
drängt sich die dicke Baustelle mit dem Bohrturm vor uns regelrecht auf. 
Und ehe wir uns versahen, hatten wir jeder einen Bauhelm auf den Kopf 
und standen auf der Bohrplattform. 
Es war nichts geplant und hat sich alles spontan ergeben. 
So entstand unser erstes gemeinsames Projekt, 
mit wenig Erfahrung und ohne Stativ, entsprechend sind die Aufnahmen. 

Es war kein Geringerer als 
Joseph Beuys, 
der es uns ermöglicht hat unseren ersten „Film“ als Gruppe zu drehen. 

© 2020 Wolfgang Schräder
Neuauflage 2020 Das Loch von Kassel



Wolfgang Schräder
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